Wann gibt es wieder Geld fürs Geld? Was Sie jetzt für Ihr Geld tun können

Aktien, Anleihen, Immobilien, Versicherungen, Gold: Was gewinnt, was verliert? Hier geben Experten finanzielle Vorsorge-Tipps.

Endlich eine gute Nachricht: Für Anlagen ab 20 000 Euro gibt es wieder 2,4 Prozent Zinsen im Jahr. Ist dies das lang ersehnte Indiz für die Zinswende? Für das Ende der Phase, in der magere 0,5 bis 1,0 Prozent nicht einmal die schleichende Geldentwertung (Inflation aktuell: 1,6 Prozent) ausglichen?

Wer jetzt gleich eine TAN für die Überweisung heraussucht, sollte bedenken: Das neue Angebot stammt von der Banca Sistema, die 2011 aus italienischen Banken- und Sparkassenorganisationen hervorging, und es gilt für Festgeld mit zehn Jahren Laufzeit. Wer vorher aussteigt, verliert alle Zinsen. Zwar gilt die Bank als solide und profitabel, allerdings ist ihr Kerngeschäft der mitunter riskante Forderungsaufkauf. Dazu sind bei ihr Anleger bis 100 000 Euro über den staatlichen italienischen Sicherungsfonds FITD geschützt, der jedoch weniger kapitalstark ist als die deutsche Einlagensicherung.

Das Beispiel zeigt: Die Zinswende kommt, sie macht sich aber zuerst bei langlaufenden Offerten bemerkbar, bevor sie auch die beliebten Tagesgelder erreicht. Eine langfristige, kluge Strategie ist deshalb die beste Reaktion.

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1. Hypothek und Immobilie

Wer ein Haus bauen oder eine Immobilie kaufen will, sollte jetzt bis zu fünf Jahre vorausplanen, empfiehlt der Frankfurter Finanzberater Max Herbst. Er hält bei den Hypothekenzinsen (zehn Jahre fest) eine Anhebung von einem Prozentpunkt im Lauf der kommenden zwölf Monate für „denkbar“. Als Folge könnten vor allem in Ballungsgebieten „die Immobilienpreise stagnieren oder sogar leicht nachgeben“.

Wer in den kommenden fünf Jahren für seine Hypothek eine Anschlussfinanzierung braucht, sollte sich mit einem sogenannten Forward-Darlehen befassen. Damit lässt sich das heute niedrige Zinsniveau in die Zukunft retten: Wer zum Beispiel eine Anschlussfinanzierung in zwölf Monaten braucht, zahlt dann mit dem Forward-Darlehen einen Zinsaufschlag von durchschnittlich 0,12 Prozentpunkten, wie Herbst ermittelte.

Beim aktuellen Angebot der Santander  Bank (1,22 Prozent effektiver Jahreszins bei zehn Jahren Laufzeit, 100 000 Euro Forward-Darlehen, 400 000 Euro Immobilienwert, zwei Prozent Anfangstilgung, fünf Prozent Sondertilgung) fällt ein Aufschlag sogar erst ab dem 13. Monat an.

Steigt der Hypothekenzins binnen Jahresfrist um nur einen Prozentpunkt, hat der Forward-Darlehensnehmer alles richtig gemacht: Er spart fast die Hälfte (10 000 Euro) an Zinsen. Die Variante lässt sich auf eine Vorlaufzeit von bis zu 60 Monaten verlängern. Sie kostet dann im Schnitt einen Prozentpunkt Zinsaufschlag – „und selbst das kann sich noch lohnen“, erklärt Herbst (Vergleichsrechner finden Sie unter www.fmh.de).

Übrigens: Wer sicher ist, jetzt eine Immobilie kaufen zu wollen, der sollte nicht lange warten und die – noch – sehr günstigen Zinsen mitnehmen. Denn die Banken werden, so vermuten zahlreiche Experten, die Zinswende vorwegnehmen – für langfristige Kredite sind die absoluten Niedrigzinsphasen ohnehin bereits vorbei.

2. Tages- und Festgeld

Wichtig ist es in dieser Phase, den Markt genau zu beobachten und flexibel zu bleiben. Ein Teil des verfügbaren Geldes könnte, schon längerfristig angelegt, höhere Zinsen bringen, ein anderer Festgeldangebote von einem Jahr nutzen, für die man derzeit 0,8 bis 1,3 Prozent Zinsen bekommt (Haitong Bank Portugal). Im Tagesgeldbereich gibt es bei einer Anlage in Deutschland maximal 0,8 Prozent für Neukunden (Consorsbank) und 0,5 Prozent für Bestandskunden (AK Bank). Besser verzinst zum Beispiel die französische Oney-Bank mit 1,07 Prozent (gutes Aa2-Länder-Rating). „Sicherheitsbewusste Sparer sollten einen Teil ihres Geldes so anlegen, dass die Erträge möglichst an die Inflationsrate heranreichen, also etwa auf Festgeldkonten“, rät Herbst.

3. Lebensversicherung

Bei den Lebensversicherern läuft seit Jahren eine Umschichtung weg von (Staats-)Anleihen hin zu Aktien und Realwerten wie Infrastrukturprojekten. Für Kunden mit einer klassischen Kapitallebensversicherung inklusive Zinsgarantie ergeben sich durch eine Zinswende laut Ergo-Chef Markus Rieß „keine Änderungen“. Neukunden empfiehlt er fondsgebundene Lebens- oder Rentenversicherungen. Verbraucherschützer hingegen raten, gleich selbst regelmäßig in Fonds (zum Beispiel breit gestreute ETFs) zu investieren und das Todesfallrisiko gesondert mit einer günstigen Risikolebensversicherung abzudecken.

4. Aktien

Was Aktien und Zinsen betrifft, gibt es eine Börsianerregel. Sie lautet: Steigen die Zinsen, werden Anleihen attraktiver – und Aktien geraten unter Druck. Doch es ist ein bisschen wie bei den Bauernregeln fürs Wetter. Oft stimmt der Kausalzusammenhang nicht. Denn die Attraktivität der Firmenanteile hängt auch von anderen Faktoren ab. Etwa der künftigen Gewinnerwartung eines Unternehmens.

Steigende Zinsen bedeuten eben nicht unbedingt schlechtere Konjunkturaussichten. Wie auch das Gegenteil nicht immer zutrifft. Derzeit haben wir – noch – praktisch Nullzinsen, aber eben auch fast Vollbeschäftigung.

Vor allem können höhere Zinsen positiv auf die gesellschaftliche Stimmung wirken. Die derzeitige Nullzinsphase und das Anleihekaufprogramm der EZB werden von vielen Geschäftsleuten als ungesund empfunden. Ein Ende dieser Phase würde das Vertrauen in die Wirtschaft stärken – und so die Investitionsbereitschaft. Im Übrigen kommt es Unternehmern gar nicht auf die absolute Höhe der Zinsen an. Wichtig ist die Differenz zwischen den Zinsen – oder besser den Finanzierungskosten – und den erzielbaren Gewinnen.

Anleger sollten aber gerade in einer Phase steigender Zinsen genau darauf achten, in welche Branchen oder auch Unternehmen sie investieren. Allen voran könnten Banken und Versicherungen profitieren.

Auch Konsumgüterherstellern könnte die Zinswende zupass kommen – selbst wenn es auf den ersten Blick nicht danach aussieht. Klar: Wenn es Geld praktisch umsonst gibt, geben die Leute es leichter aus. So weit die Theorie. Doch die stimmt nur bedingt. Denn wenn es für das Ersparte kaum oder gar keine Zinsen gibt, müssen Sparer deutlich mehr für ihre Altersvorsorge zurücklegen. Ihr Kapital arbeitet ja nicht für sie. Insofern könnte die Zinswende auch Geld für Konsumartikel freisetzen.

5. Anleihen

Steigen die Zinsen, sinken die Anleihepreise – das ist ein inhärentes Gesetz dieser Anlageklasse. Doch Bond-Investoren müssen nicht unbedingt tatenlos zusehen, wie ihr Vermögen abschmilzt. Normalerweise wäre es vernünftig, in Erwartung steigender Zinsen vor allem langlaufende Anleihen zu verkaufen – und in kurzfristige Papiere zu wechseln. Doch wer heute kurzfristige Papiere guter Bonität kauft, muss wegen der negativen Renditen vieler dieser Papiere Verluste in Kauf nehmen. Da ergibt es mehr Sinn, das Geld erst einmal zu horten und abzuwarten, bis die Zinsen wieder steigen. Genau diese Tendenz zeichnet sich an den Bond-Märkten schon ab: Die Renditen am langen Ende sinken, die am kurzen Ende steigen.

Eine interessante Möglichkeit bieten sogenannte Floater, also variabel verzinsliche Anleihen. Sie sind an einen Referenzzins gebunden, beispielsweise an den Euribor. Steigen die Zinsen während der Laufzeit des Papiers, dann profitiert der Investor mit.

Übrigens: Auch am Anfang einer Zinswende sollten Anleger nicht gleich all ihr Geld in langfristige Anleihen investieren – jedenfalls nicht, wenn sie erwarten, dass die Zinsen weiter steigen. Ein guter Mix – mit einem Schwerpunkt auf zwei bis höchstens fünf Jahre lang laufenden Papieren ist in dem Fall wichtig.

6. Gold

Gold ist das klassische Investment für Crash-Zeiten und zinslose Phasen. Nach der Finanzkrise 2008 schoss der Preis nach oben, dann fiel er wieder, bewegte sich aber lange auf relativ hohem Niveau, weil die Zinsen in den USA und im Euro-Raum immer weiter sanken.

Als Mittel der Krisenvorsorge hat das Metall weiter seine Berechtigung, wenn auch in kleineren Mengen. Sollten Großkonflikte wie jene mit Nordkorea oder in der arabischen Welt eskalieren, könnte der Goldpreis kurzfristig auch anziehen. Doch grundsätzlich gilt: Wenn es wieder Zinsen gibt, dürfte Gold längerfristig eher nach unten gehen.

Dennoch gibt es keinen Grund, sich jetzt panikartig von all seinen Beständen zu trennen. Denn Gold ist auch ein beliebter Inflationsschutz. Und dass steigende Zinsen die Inflation sofort eindämmen, ist eben längst nicht sicher. Es kann auch sein, dass die Normalisierung der Geldpolitik zusammen mit einer starken Wirtschaftskraft einen Investitionsschub auslöst, der inflationstreibend wirkt.

7. Alternative Anlagen

Und wie sieht es bei alternativen Anlagen aus? In der zinslosen Ära steckten viele Anleger mangels anderer Möglichkeiten ihr Geld in seltene alte Automobile, in Kunst oder Wein. Auch hier gilt: Kommt der Zins zurück, dürfte sich die Nachfrage und damit der Preisauftrieb bei Sachwerten wieder abschwächen. Möglicherweise fallen hier und da die Preise sogar, weil Anleger ihre Investition liquidieren, um in Anleihen einzusteigen. Dann lässt sich ein Preisrückgang sogar für einen Kauf nutzen.

Wer allerdings Kunst oder rare Weine ohnehin mit einem sehr langem Anlagehorizont von Jahrzehnten erwirbt, den muss die Schwankung nicht groß kümmern.

Quelle: focus.de, 19.07.2017

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